Inmitten der Stadt – Der Aufenthaltsraum in der Postgasse 35

In der malerischen Postgasse 35 in Bern, zwischen historischem Pflaster und den Wahrzeichen der Stadt wie dem Münster und der Bärengraben, verbirgt sich ein Ort der Wärme und Gemeinschaft. Der Aufenthaltsraum ist ein Angebot der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Region Bern (AKiB). Seit 1978 wird hier kostenfrei Kaffee ausgeschenkt.
Hier finden Arbeits- und Obdachlose, Alleinstehende und Menschen am Rande der Gesellschaft einen Platz zum Aufwärmen, Austauschen und Kraftschöpfen.

  • Sicht in die Postgasse in Bern / Vue de la Postgasse à Berne
  • Eingang Aufenthaltsraum Bern / Entrée «Aufenthaltsraum à berne»

Bereits am frühen Morgen füllt sich der Raum mit Leben. Bis zu 50 Menschen kommen, um sich bei einer Tasse Kaffee und einem Stück Brot mit «Anke u Chäs» oder dem frisch zubereiteten Birchermüesli, zu stärken.

Dank der Lebensmittelspenden der Schweizer Tafel und der langjährigen Zusammenarbeit mit Energy Kitchen im Loeb Warenhaus, stehen genügend Lebensmittel zur Verfügung. Hier werden unentgeltlich ein Frühstück, Suppe und Getränke angeboten – ergänzt durch ein freundliches Gespräch oder ein offenes Ohr.

First come, first serve lautet die Regel, doch es hat für alle genug.

Im Aufenthaltsraum trifft man auf spannende Lebensgeschichten, erzählt von Menschen, die sich hier nicht nur verpflegen, sondern auch Trost und Gemeinschaft suchen. Ursula und Margrit, zwei engagierte Freiwillige, sind an diesem Tag vor Ort. Ursula, eine alte Häsin im Team, begrüsst die Gäste mit einem Lächeln und kennt viele von ihnen seit Jahren. Liebevoll nennt Sie den Raum ein Zuhause auf Zeit. Margrit ist seit diesem Sommer im Freiwilligenteam dabei. Sie hat schnell gelernt, wie erfüllend und herausfordernd diese Arbeit ist. «Man muss lernen, nicht alles mit nach Hause zu nehmen», sagt Ursula.

  • Margrit vom Aufenthaltsraum in Bern / Margrit de la «Aufenthaltsraum» à Berne
  • Ursula vom Aufenthaltsraum in Bern / Ursula de la «Aufenthaltsraum» à Berne

Am Nachmittag kehrt eine ruhigere Stimmung ein. Maximal 30 Personen nutzen die Gelegenheit für ein warmes Getränk, ein Gespräch oder eine Runde Gesellschaftsspiele. Besonders in den kalten Monaten von November bis April wird ein zusätzliches Angebot geschaffen. Eine frisch zubereitete Suppe wärmt die Menschen von innen. Die moderne Küche, ermöglicht es dem Team, effizienter und in grösserem Umfang zu arbeiten.

Die Besucher:innen sind eine bunte Truppe, wie Ursula sie liebevoll nennt. Ältere, einsame Menschen sitzen hier Seite an Seite mit Geflüchteten, Armutsbetroffenen und Obdachlosen. Trotz schwieriger Schicksale ist die Atmosphäre geprägt von Respekt und Zusammenhalt. «Wir sind hier Chummermüettere und Chummervättere», sagt Margrit lächelnd.

Eine Besonderheit zeigt sich am späteren Nachmittag, wenn sich fast ausschliesslich männliche Gäste einfinden. Kaffee, Kuchen und Sandwiches aus der Vitrine erinnern an ein gewöhnliches Café, doch die Geschichten der Gäste erzählen von harten Lebensrealitäten. Viele von ihnen kämpfen mit Einsamkeit oder finanziellen Sorgen, doch hier finden sie ein Stück Normalität.

Nicht zuletzt sorgen bekannte Gesichter wie Kumar, der berühmteste Surprise-Verkäufer der Stadt Bern, für Gespräche und Lächeln. Bei Kamillentee tauschen sich die Freiwilligen mit Andreas vom Pinto, einer Organisation der Stadt für aufsuchende Prävention, über die angespannte Wohnungslage in Bern aus. Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben, stehen oft vor unüberwindbaren Hürden, wenn es um bezahlbaren Wohnraum geht.

Trotz der Wärme und des Lichts, das der Aufenthaltsraum spendet, ziehen Wolken auf. Ende 2025 endet das Mietverhältnis mit der Burgergemeinde Bern. Ein neuer Ort wird dringend gesucht. «Dieser Raum ist mehr als nur ein Gebäude», sagt Margrit. «Es ist ein Symbol für Hoffnung und Menschlichkeit».

Sollten Sie eine Idee, Kontakte oder Räumlichkeiten haben, die dem Aufenthaltsraum ein neues Zuhause geben könnten, melden Sie sich. Dieser Ort ist weit mehr als eine soziale Einrichtung – er ist ein Symbol für Hoffnung und Gemeinschaft, ein unverzichtbarer Teil Berns und für viele Menschen ein Lichtblick in dunklen Zeiten.

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