Ein Erfahrungsbericht von Silja Tatic

Silja Tatic arbeitete viele Jahre im Bereich Arbeitsintegration. Sie half täglich Menschen, die mit psychischen Krankheiten zu kämpfen hatten, im Leben neu Fuss zu fassen. «Die Eins-zu-Eins-Betreuung jener Menschen benötigte viel Energie und ich hatte den persönlichen Anspruch jeder Person eine zugeschnittene Betreuung zu bieten. Nach fast zehn Jahren brauchte ich jedoch etwas mehr Abstand zu den Klient:innen und strebte einen Berufswechsel an. Klar war, dass ich immer noch mit Menschen zu tun haben wollte. Ich wollte weiterhin Menschen helfen. Im Jahr 2018 stiess ich per Zufall auf ein Inserat der Stiftung Schweizer Tafel, welche eine neue Leitung der Region Ostschweiz suchte. Es war meine erste Bewerbung und es hat gleich geklappt», erzählt uns Silja Tatic, Leiterin der Region Ostschweiz.

Wie sich eine Stiftung weiterentwickelt

«Zu Beginn war die Schweizer Tafel wie eine neue Welt für mich. Die Arbeit als Leiterin der Region verband Logistik, Lebensmittel, Führung und soziale Arbeit mit dem Menschen im Zentrum. In den fünf Jahren, die ich bei der Stiftung arbeite, hat sich so einiges verändert. Es ist schön mitzuerleben, wie die Stiftung wächst und sich weiterentwickelt. Die Organisationsstruktur wurde laufend optimiert und seit wir die neue IT-Infrastruktur haben, wurden viele Prozesse vereinfacht. Das Team ist heute stetig dabei, die interne Organisation zu optimieren, damit der Spendenfranken gezielt eingesetzt wird. Das heisst, die Schweizer Tafel beabsichtigt immer mehr Lebensmittel zu retten, mit verhältnismässig weniger Ressourcen. Wir sind uns dem Vertrauen, welches uns die Spender:innen schenken, bewusst und wollen die Mittel sinnvoll einsetzen. Ein kleines Beispiel, wie sich die Stiftung entwickelt hat, war eine witzige Situation in meiner ersten Arbeitswoche. Damals hatte die Stiftung noch keine Kommunikationsabteilung. Interview-Anfragen kamen also direkt zum jeweiligen Leiter bzw. zur Leiterin der Regionen. An einem Samstag stand ich gerade in der Badi und wollte ins Wasser, da erhielt ich eine Interview-Anfrage für eine Fernsehsendung für den gleichen Tag. Ich eilte nach Hause, zog mich um und stand innert einer Stunde vor der Kamera. Heute bin ich sehr froh, dass wir eine kompetente Leiterin Fundraising und Kommunikation haben», erklärt Silja mit einem Lächeln.

Wir sind auf Kurs

Silja erzählt weiter: «Die Stiftung ist professionell unterwegs. Die Regionen, welche auf die ganze Schweiz verteilt sind, arbeiten eng zusammen. Die jeweiligen Erfahrungen werden regelmässig ausgetauscht. In der Region Ostschweiz konnten wir ein grossartiges Projekt mit der RestEssBar in St. Gallen realisieren. Im Jahr 2023 konnte Schweizer Tafel Aldi als neuen Hauptpartner gewinnen. In der Stadt St. Gallen wurden die Aldi-Filialen bisher von der RestEssBar angefahren. Statt diese Organisation als Konkurrenz zu betrachten, boten wir ihnen unsere Logistik an. Die Schweizer Tafel ist für die Lebensmittelabholung besser ausgestattet. Es hat uns sehr gefreut, dass die RestEssBar zustimmte. Wir holen nun die Lebensmittel ab und verteilt sie an die Standorte der Organisation, welche sich so ganz auf die Lebensmittelabgabe konzentrieren kann. Ressourcen und Stärken werden optimal ausgeschöpft. Genau solche Szenarien wünsche ich mir.»

Zusammenarbeit und Netzwerke sind das A und O

«Das Thema Foodwaste wird heute intensiver thematisiert und auch das Tabuthema Armut erhält in der Schweiz langsam mehr Gehör. Fast wöchentlich tauchen weitere Organisationen auf, die sich in jenen Bereichen engagieren wollen. Ich persönlich denke, dass mit Zusammenarbeit mehr erreicht werden kann, als wenn sich die Organisationen gegenseitig konkurrenzieren. Ich wünsche mir, dass die Schweizer Tafel als kompetenter Partner in der Bekämpfung von Foodwaste und Armut wahrgenommen wird und wir stetig neue Partnerschaften knüpfen können. So erreichen wir gemeinsam mehr Menschen in der Schweiz, die auf Hilfe angewiesen sind», meint Silja.

Sind Sie Teil einer Non-Profit Organisation, die sich gegen Foodwaste oder Armut einsetzt, dann kontaktieren Sie unsere Regionen. Wir freuen uns auf gemeinsame Projekte und Partnerschaften.

Silja fügt an: «Gute Zusammenarbeit wird das Problem der bestehenden Armut und Lebensmittelverschwendung nicht beheben. Leider sind wir eher Symptom-Bekämpfer, als dass wir die Ursache verhindern. Hier ist es zwingend nötig, dass auf politischer Ebene reagiert wird. Die Schweizer Tafel ist eine rein spendenfinanzierte Stiftung und hat gerade in der Zeit der Pandemie bewiesen, dass sie systemrelevant ist. Ohne unsere tägliche Arbeit könnten viele soziale Organisationen nicht fortbestehen und viele Menschen würden keine Lebensmittelhilfe erhalten.»

Möchten auch Sie ihre Mitmenschen in der Schweiz mit einer Mahlzeit unterstützen? Mit CHF 50 kann die Stiftung Schweizer Tafel Lebensmitteln für 285 Mahlzeiten verteilen.

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