Heilsarmee St. Gallen
Die Heilsarmee Schweiz gibt es seit 1882. Weltweit ist die Organisation in 134 Ländern vertreten. Der Name hat seinen Ursprung im Begriff «Armee von Freiwilligen», welcher später abgeändert wurde in Heilsarmee – die friedlichste Armee der Welt. Teil ihrer Mission ist es menschliche Not zu lindern. So entstanden über die Jahre hinweg verschiedenste Angebote, um Hilfesuchenden rasch und unkompliziert und ohne bürokratische Hürden zu helfen.
Es ist Freitagnachmittag, die freiwilligen Helferinnen und Helfer treffen nach und nach an der Harfenbergstrasse 5 in St. Gallen ein. Hier ist die Heilsarmee St. Gallen einquartiert und öffnet seit gut 20 Jahren ihre Türen für eine Lebensmittelabgabe an Menschen in Not. Als die Heilsarmee mit der Abgabe startete, Waren Bäckereien ihre Hauptlebensmittelspender. Sandwiches, Brötchen und ab und zu auch Nussgipfel, die im Laden nicht verkauft wurden, sammelten der Major Ruedi Odermatt und seine Frau nach Ladenschluss ein und verteilten die Produkte am selben Abend auf der Gasse und im Park. Der Polizei gefiel diese Abgabe nicht, sie bat die Heilsarmee die Abgabe an einem fixen Standort durchzuführen. Von da an gab es an sechs Abenden in der Woche an der Harfenbergstrasse 5 eine Essensabgabe vor Ort.
Die Zielgruppe der Lebensmittelabgabe hat sich aufgrund der vergangenen und anhaltenden Krisen verändert. So war es für Major Ruedi Odermatt nicht überraschend, dass sich zunehmend auch Familien in die Warteschlange gesellten. In der Schweiz gibt es 745’000 Armutsbetroffene, noch mehr Menschen sind von Armut bedroht. Ein Grossteil der Betroffenen sind Familien mit zwei bis drei Kindern. Die Lebensmittelhilfe bietet eine dankbare finanzielle Entlastung für Haushalte, die nach dem Begleichen von Wohnkosten und Versicherungen kaum noch Geld für Essen übrighaben. Schon bald entschied sich das Team, zwei separate Abgaben anzubieten. Jeweils am Montag-, Mittwoch- und Freitagabend um 19.30 Uhr öffnet die «Oase» ihre Türen, eine Lebensmittelabgabe für Randständige. Die FEA, eine Lebensmittelabgabe für Familien, findet jeden Freitag um 17.00 Uhr statt. Ruedi Odermatt erklärt die Vorteile: «Durch die separaten Abgaben können wir gezielter auf die Bedürfnisse unserer Besucherinnen und Besucher eingehen. Familien freuen sich über eine reiche Palette an Gemüse, Obst, Lagerprodukten wie Reis, Mehl und Zucker und natürlich auch über Süsses, wie Schokolade. Die Lebensmittel werden von den Familien mit nach Hause genommen und in der eigenen Küche zubereitet. Bei unserer zweiten Zielgruppe, den Randständigen, die teilweise obdachlos sind, sind Sandwiches und Backwaren eher gefragt. Also Lebensmittel, die nicht aufwändig zubereitet werden müssen, sondern gleich verzehrt werden können. Zusätzlich bieten wir den Randständigen Wasser oder eine heisse Tasse Kaffee an.»
Die Türen stehen für jede Person in Not offen. «Wir sind eine Kirche, jedoch ist jeder Mensch, unabhängig seiner Religion, willkommen», meint Major Odermatt. «Suppenheil für Seelenheil», pflegt er zu sagen. Das bedeutet: Hunger stillen, ein Dach über dem Kopf und Seelsorge bieten. «Die Lebensmittelabgabe ist auch ein Treffpunkt. Hier können sich Menschen austauschen und ihre Lasten gemeinsam tragen. Ich nehme mir gerne Zeit und habe ein offenes Ohr für die Nöte der Besucherinnen und Besucher. Auf Wunsch vereinbare ich separate Beratungsgespräche oder bete mit ihnen», erklärt Major Odermatt.
Major Odermatt berichtet über die Zusammenarbeit mit der Schweizer Tafel: «Früher habe ich den Grossteil der Waren selbst abgeholt. Die Schweizer Tafel entlastet unsere Organisation in allen Bereichen. Dreimal die Woche erhalten wir gerettete Lebensmittel direkt zu uns geliefert. Mit den Lebensmittelspenden von etwa drei zusätzlichen Bäckereien können wir ein breiteres Angebot bieten. Wir schätzen das sehr und die freiwilligen Helferinnen und Helfer geben sich stets Mühe, die erhaltenen Produkte mit Liebe zu sortiert und bereitzulegen. Es soll für die Besuchenden ein schönes Erlebnis sein», erklärt Major Odermatt.
Elisabeth, eine der freiwilligen Helferinnen, ist seit über 10 Jahre Teil des Teams. Sie schmunzelt: «Ab und zu kommt es vor, dass unsere Klientinnen und Klienten ein Gemüse nicht kennen, wir geben dann gerne ein paar Tipps, wie sie es zubereiten können. Uns würde es in ihren Heimatländern wohl auch so ergehen.» Sie berichtet jedoch auch, dass es nicht immer einfach sei, alles gerecht zu verteilen: «Manche Besucherinnen und Besucher können nicht immer nachvollziehen, weshalb gewisse Personen mehr Lebensmittel mitnehmen dürfen, weil sie eine grössere Familie zu versorgen haben. Das wird nicht von allen verstanden. Da gab es leider schon eifersüchtige Blicke.» Sie spricht abschliessend für alle Freiwilligen der Heilsarmee St. Gallen: «Wir machen das gerne und es ist eine gute Sache.»
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