Ein Ort der Begegnung - Der Ökumenische Mittagstisch in der Kirche St. Marien
Jeden Donnerstag verwandelt sich die Kirche St. Marien in Bern in einen warmherzigen Treffpunkt für Asylsuchende und Sans-Papiers. Hier wird nicht nur ein kostenloses Mittagessen angeboten, sondern auch ein Stückchen Normalität und Gemeinschaft geschaffen. Wir durften den Mittagstisch am Donnerstag, den 14. November 2024, begleiten – eine Erfahrung, die beeindruckt und berührt.
Bereits das zweite Mal reise ich gemeinsam mit einer unserer Fahrer:innen an, das Auto vollgepackt mit geretteten Lebensmitteln. Der Empfang durch Edem, dem Küchenverantwortlichen, und seinem Team ist wie immer herzlich. Bei einer Tasse Kaffee besprechen sie, welche Waren sich für das heutige Mittagessen eignen könnten – eine Szene, die an einen geschäftigen Marktplatz erinnert. Heute dürfen wir tibetisches frittiertes Fladenbrot probieren, kombiniert mit einer unglaublich scharfen Sauce. – Ein echter Genuss!
Menschen mit Herz und Engagement
Eine der tragenden Säulen dieses Projekts ist Gerda Hauck. Die 80-jährige, amtierende Präsidentin des Vereins, engagiert sich seit Jahrzehnten für die Rechte und das Wohl von Menschen mit Migrationshintergrund. Das Engagement für den Mittagstisch konnte Sie, zusammen mit einer stattlichen Gruppe von Freiwilligen, von der grossartigen Gründergeneration, übernehmen.
Die Bedeutung des griechischen Begriffs «Ökumene» – «die ganze bewohnte Erde» – spiegelt sich hier wider. Der Mittagstisch, der ausschliesslich durch Spenden finanziert wird, besteht seit fast 20 Jahren. Er ist eine Kooperation verschiedener Kirchgemeinden, des Solidaritätsnetzes Bern und der Berner Beratungsstelle Sans-Papiers.
Asylsuchende, die nach der endgültigen Abweisung ihres Asylgesuchs von Nothilfe leben, erhalten nur 10 Franken pro Tag – das reicht kaum zum Leben. Der Mittagstisch bietet ihnen nicht nur eine warme Mahlzeit, sondern auch Beratung und Unterstützung. Cornelia vom Solidaritätsnetz Bern ist regelmässig vor Ort, um zuzuhören und zu helfen.
Francine, eine Freiwillige der ersten Stunde, unterstützt tatkräftig in der Küche. Die Stimmung ist entspannt, und es ist beeindruckend, wie kreativ das Team aus den Lebensmitteln der Schweizer Tafel zaubert. Das Essen ist schlichtweg köstlich.
Nach dem Mittagessen werden die übriggebliebenen Lebensmittel unter den Anwesenden verteilt, eine zusätzliche Entlastung für ihren Alltag.
Sprachförderung und Begegnung
Neu im Programm ist das «Gespräch in Deutsch», das nach dem Mittagessen im ersten Stock des Pfarreizentruns stattfindet. Heute leitet Marlies, eine Naturpädagogin aus dem Naturpark Gantrisch, die Stunde und bringt den Teilnehmenden das Thema Tiere näher. Sechs Pädagoginnen wechseln sich wöchentlich ab und gestalten die Sequenzen abwechslungsreich. Diese Gespräche bieten den Teilnehmer:innen die Gelegenheit, ihre Deutschkenntnisse in entspannter Atmosphäre zu verbessern.
Edem, der Küchenchef, ist ein besonderes Beispiel für den Erfolg des Mittagstisches. Nach vielen Jahren der Ungewissheit wurde sein Härtefallgesuch angenommen.
Heute lebt er mit einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz und engagiert sich für das Projekt in der Marienkirche.
Während des Mittagessens spricht Andreas Abebe, Pfarrer in der Kirchgemeinde Bern-Nord, über die Pläne und Herausforderungen der Gemeinde. Im Anschluss findet die Vorstandssitzung statt, bei der die neue Präsidentin gewählt wird. Sie wird die Arbeit von Gerda Hauck fortsetzen.
Ein unvergesslicher Besuch
Als ich die Kirche verlasse, bin ich tief beeindruckt von der Arbeit, die hier geleistet wird. Der Ökumenische Mittagstisch ist ein Ort der Begegnung, der Hoffnung und der Menschlichkeit. Es ist erstaunlich, was mit Engagement, Zusammenhalt und Kreativität alles möglich ist. Solche Projekte verdienen unsere Aufmerksamkeit und Unterstützung – sei es durch Spenden, Freiwilligenarbeit oder das Teilen dieser inspirierenden Geschichte.
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