Röbi – Freiwilliger

«Jetzt hier links abbiegen, dann da vorne rechts auf den Vorplatz», weist Röbi den Fahrer an. Ein Navi braucht er nicht, er hat das Strassennetzt der Region Luzern und Umgebung bestens im Kopf. Vor seiner Pensionierung fuhr er über 30 Jahre für seine Arbeit in der Region umher und lernte auch Nebenstrassen gut kennen. Dario, ein Zivildienstleistender, staunt, denn er selbst fährt seit sechs Monaten für die Schweizer Tafel und kannte jene Route bislang nicht.

Es ist Dienstag, Röbi fährt zusammen mit Dario die Tour 1 der Region Zentralschweiz. Röbi erzählt uns: «Ich bin nun fast ein Jahr bei der Stiftung Schweizer Tafel als Freiwilliger tätig. Davor war ich selbständiger Unternehmer. Ich war es gewohnt, dass täglich etwas zu tun war, als ich dann mit 60 Jahren das Geschäft an den Sohn übergab und mich pensionieren liess, war das eine 180 Grad Kehrtwende in meinem Leben. Plötzlich hatte ich keine Aufgabe mehr und wusste nicht, was ich mit der ganzen Freizeit anfangen sollte. Nach etwa einem Jahr wurde mir klar, dass ich was ändern muss. Es war nicht meine Absicht, wieder eine Arbeit zu finden, um Geld zu verdienen. Gerne hätte ich eine Beschäftigung, die anderen Menschen hilft. Da erinnerte ich mich an ein Gespräch mit einem Bekannten, der von der Schweizer Tafel berichtete. Ich klickte mich durchs Internet, fand die Kontaktangaben der Stiftung und schickte meine Anfrage ab. Maik, Leiter der Region Zentralschweiz meldete sich kurz darauf bei mir und wir vereinbarten eine Probewoche. Die Sammeltour gefiel mir, ich konnte mitanpacken. Die Arbeit ist anspruchsvoll, jedoch hatte ich nicht mehr die vielen Verantwortungen, wie in meiner früheren Tätigkeit als Geschäftsleiter. Zudem schätze ich den Kontakt mit den jungen Leuten, das Team hat es gut untereinander. Seit fast einem Jahr fahre ich regelmässig, zweimal pro Woche, eine Tour. Maik darf mich auch spontan anrufen, wenn beispielsweise eine andere Person wegen Krankheit ausfällt.»

Das Fahrzeug der Tour 1 ist seit etwa 8.00 Uhr früh unterwegs. Der Lieferwagen hat sich unterdessen mit Lebensmitteln gefüllt, diese wurden verteilt und neue Ware wurde eingesammelt. Nun ist es etwa 9.45 Uhr und der Sentitreff steht als nächster Abnehmer auf dem Plan. Röbi und Dario parken das Fahrzeug vor dem Lokal. Die Helfer:innen des Sentitreff stehen schon bereit und freuen sich über die gefüllten Kisten. Die Lebensmittel werden nach drinnen getragen.

«Es ist nicht immer möglich, aber wir verteilen die geretteten Lebensmittel innerhalb der Wunschzeit der Abnehmer. Einige Organisationen verarbeiten die Ware nach Erhalt gleich weiter und servieren das Essen schon zum Mittag. Eine Verspätung von unserer Seite her kann für die Abnehmer sehr umständlich werden. Es gab meines Wissens aber noch nie grosse Probleme, schliesslich sind die Lebensmittelempfänger dankbar, dass sie überhaupt von der für sie kostenlosen Dienstleistung der Stiftung Schweizer Tafel profitieren dürfen. Da fällt mir ein, ich habe nicht gleich verstanden, weshalb einige Organisationen die von uns kostenlos gelieferten Waren dann beispielsweise in einer Tasche für CHF 2.- weitergibt. Weshalb müssen die von Armut betroffenen Menschen bezahlen, habe ich mich gefragt. Eine Mitarbeiterin der Stiftung hat mir dann erklärt, dass die Abnehmer der Schweizer Tafel in erster Linie auch Non-Profit-Organisationen sind, die vom Staat keine oder nur geringe finanzielle Unterstützung erhalten. Die Organisationen sind oft spendenfinanziert und kommen gerade so über die Runden. Mit dem kleinen Entgelt wird beispielsweise ein Teil der Lokalmiete, ein Kühlschrank oder Verpackungsmaterial finanziert. Viele Organisationen sehen es jedoch eher als symbolischen Gegenwert für den Erhalt von Lebensmitteln. Das heisst, dass die Bezüger:innen mit ihrem Geld «normal» einkaufen können und das Angebot schätzen. Oder das Selbstvertrauen wird angeregt: «Hey, ich kann mir das leisten.» Diese Überlegung hatte ich mir bislang nicht gemacht», erklärt Röbi.

Röbi und Dario steigen wieder ein, fahren vom Vorplatz runter, dann geht es weiter mit der Tour. Röbi erklärt: «Wir fahren nun eine weitere Institution an, dann zwei Filialen der Detailhändler, wieder eine Institution, drei Detailhändler und dann noch die beiden letzten Institutionen der Tour 1.» Nach dem alle Lebensmittelspender angefahren wurden, stellte sich heraus, dass zu wenige Lebensmittel für die beiden letzten Abnehmer vorhanden sind. Nach einem Anruf bei Maik, entschliessen sich die beiden Fahrer zuerst ins Lager zurückzukehren, wo Maik ihnen zusätzliche Ware bereitstellt. «Es ist schön, dass sich die Schweizer Tafel Mühe gibt, die Lebensmittel nach Bedarf und möglichst fair zu verteilen», sagt Röbi.

Nach dem alle Abnehmer beliefert wurden und die Fahrzeuge wieder in Rothenburg geparkt sind, stehen alle Helfer:innen in einer Runde zusammen und geben Rückmeldung zum heutigen Tag. Wer Lust hat, darf sich dann auch ein Feierabendgetränk nehmen und den Abend ausklingen lassen.

Die Stiftung bedankt sich herzlich bei allen freiwilligen Helfer:innen, die uns bei der Rettung von Lebensmitteln und Linderung der Armut in der Schweiz unterstützen!

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2023-08-25T08:56:39+02:00
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