• Gassenküche Langenthal: Freiwilliges Helferteam / Gassenküche Langenthal : Équipe de bénévoles

Gassenküche Langenthal

Die Gassenküche Langenthal oder «Gassechuchi», wie sie hauptsächlich genannt wird, ist seit der Corona-Pandemie keine Gassenküche im eigentlichen Sinne mehr. Esther Schönmann absolvierte 2003/2004 die Ausbildung zur psychologischen Lebenstherapeutin. Ihre Diplomarbeit wollte sie in die Praxis umsetzen, um etwas Nachhaltiges zu schaffen. Kurzerhand tat sie sich mit dem Hobbykoch Hans-Ruedi Leuthold zusammen und sie begannen, für die Menschen am Rand der Gesellschaft in Langenthal warme Mahlzeiten zuzubereiten. Am 4. November 2004 – es war ein sehr kalter Winter – konnten zum ersten Mal 18 Personen eine feine Suppe geniessen. In einem sich verändernden Umfeld zog die Gassenküche mehrmals um und befindet sich heute im Zentrum von Langenthal. Seit 2020 wird nicht mehr gekocht, sondern jeden Mittwoch Lebensmittel abgegeben.

Es ist Mittwoch, 11 Uhr, es ist warm und die Sonne scheint. Das Team der Gassechuchi hat alles vorbereitet und wartet auf das Fahrzeug der Schweizer Tafel. Auch viele Menschen, die auf die Lebensmittel angewiesen sind, warten geduldig im Schatten. Einige kommen schon sehr früh, um sich auszutauschen – Zeit haben sie. Rund um Esther Schönmann helfen heute 10 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aus, man kennt sich gut und ist ein eingespieltes Team. Die ersten Wartenden kommen zu Esther und fragen, wann es losgeht. Man merkt sofort, sie kennt die Leute und hat eine Engelsgeduld. «Viele kommen schon lange zu uns», sagt sie. Waren es bei der Gründung vor allem Suchtkranke, kommen heute Menschen unterschiedlichster Nationalitäten und Lebenssituationen. «Für die Suchtkranken ist es oft zu viel Trubel», sagt Esther.

Wer Lebensmittel beziehen will, muss sich anmelden und ausweisen können. Es werden Nummern vergeben, mit denen dann für zwei Franken eine Einkaufstasche mit Lebensmitteln abgeholt werden kann. «Wenn man etwas kauft, statt es nur zu erhalten, bekommt die Ware einen gewissen Wert und die Menschen, die die Lebensmittel erhalten, haben ein gutes Gefühl», sagt Esther. Deshalb habe man sich vor zwei Jahren entschieden, für die Lebensmittel einen kleinen Unkostenbeitrag zu verlangen. Seit der Gründung der privaten Initiative von Esther Schönmann und Hans-Ruedi Leuthold gibt die Schweizer Tafel der Gassechuchi gerettete Lebensmittel kostenlos ab.

  • Gassenküche Langenthal: Frontansicht Lebensmittel-abgabestelle / Gassenküche Langenthal : Vue de face du centre de distribution alimentaire
  • Gassenküche Langenthal: Kleiderbörse / Gassenküche Langenthal : Bourse aux vêtements

Normalerweise kommt das Fahrzeug der Schweizer Tafel gegen 11.30 Uhr, meist sieht man es schon, wenn es auf seiner Tour zuerst ein Wohnheim gleich um die Ecke beliefert. Immer wieder schaut das Team nach und endlich, es ist mittlerweile kurz nach 12.00 Uhr, fährt die Schweizer Tafel vor. Sofort werden die vielen Kisten ausgeladen, jeder weiss, was zu tun ist und alle packen mit an. «Heute haben wir Glück», sagt Esther. Normalerweise seien die Lieferungen in den Sommermonaten etwas kleiner. Aber heute gibt es viel Ware, vor allem Gemüse und Obst. Das Team beginnt, Orangen und Äpfel zu verpacken. Währenddessen verteilt Esther die Nummern an die Wartenden und schon fährt das Fahrzeug der Schweizer Tafel weiter zur nächsten Institution. Ziel ist es, jedem, der kommt, eine Papiertasche mit Lebensmitteln mitgeben zu können – und das möglichst in geordneten Verhältnissen.

  • Gassenküche Langenthal: Lieferwagen der Schweizer Tafel Ansicht Laderaum. / Cuisine de rue de Langenthal : camionnette de livraison de Table Suisse Vue espace de chargement.
  • Gassenküche Langenthal: Ausladen des Lieferwagens der Schweizer Tafel / Gassenküche Langenthal : Déchargement du camion de livraison de Table Suisse

Hans-Ruedi ist jeweils für das Zusammenstellen der Einkaufstaschen zuständig. Er achtet darauf, dass alle Taschen gleichmässig gefüllt sind. Es muss schnell gehen. Im Akkord stellt Hans-Ruedi mit geübtem Auge die Taschen zusammen. Je ein Kilo Orangen, Äpfel, Kartoffeln oder Teigwaren, ein Salatkopf und weiteres Gemüse packt er in Windeseile ein. Wenn 100 Taschen fertig sind, sagt Esther den Wartenden, dass die Ausgabe beginnt. Inzwischen hat sie fast 200 Nummern verteilt, und die Leute stehen Schlange. «In letzter Zeit kommen immer mehr Menschen, um Lebensmittel abzuholen», erklärt Esther. Da ist sie froh, dass sie in ihrem kleinen Lager noch eine «eiserne Reserve» an Kartons mit haltbaren Lebensmitteln hat, die sie verteilen kann, wenn die Taschen knapp werden.

Heute läuft alles sehr ruhig ab. Das sei leider nicht immer so, meint ein Mitglied des Gassechuchi-Teams. Vor allem bei schlechtem Wetter, wenn viele Menschen anstehen, komme es schon mal zu kleinen Rangeleien. Aber das Team kenne solche Situationen und könne die Lage dann immer schnell beruhigen. Die Gassechuchi will für alle da sein, die etwas zu essen brauchen und vor allem alle gleich behandeln. Inzwischen gibt es in einem der Räume sogar ein kleines Brockenhaus, in dem Kleider, Spielsachen und Haushaltsgegenstände aller Art zu finden sind, die von Privatpersonen gespendet wurden.

  • Gassenküche Langenthal: Lebensmittelabgabe / Cuisine de rue Langenthal : Distribution de denrées alimentaires
  • Gassenküche Langenthal: Freiwilliges Helferteam / Gassenküche Langenthal : Équipe de bénévoles

Gegen 15.30 Uhr ist der Tag zu Ende, alles wird aufgeräumt und versorgt. Esther ist zufrieden und glücklich, dass alle, die gekommen sind, etwas bekommen haben. Im November 2024 feiert der Verein Gassechuchi Langenthal sein 20-jähriges Bestehen. Esther, Hans-Ruedi und Co. wirken kein bisschen müde und sind voller Tatendrang. Man spürt, dass ihnen die Menschen am Herzen liegen. Ein kleines Feierabendbier im nahe gelegenen Restaurant sei ihnen vergönnt.

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2024-08-23T10:07:29+02:00
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